Paradoxie im Amt. Ratspräsidentin Fehrs bearbeitet Beschwerde gegen sich selbst – kommissarisch

Als stellvertretende Ratspräsidentin hatte Bischöfin Fehrs nicht viel Last mit einer Beschwerde, die der Ratspräsidentin Kurschus seit zwei Jahren vorlag – gegen sie, ihre Stellvertreterin. Bischöfin Fehrs musste nur die Unsicherheit aushalten, ob sich ihre Chefin vielleicht entscheiden würde, diese Beschwerde gegen ihre Stellvertreterin nach zwei Jahren doch noch zu bearbeiten und sie nicht mehr „unter den Tisch fallen zu lassen“. Vielleicht haben beide auch zusammen überlegt, ob sie nicht der sie eingereicht habenden Person vielleicht doch schon mal den Empfang quittieren sollten.

Zuletzt war das vielleicht am 14. und 17.11.2023 der Fall, als die Betreffende, eine Petentin der Unterstützungsleistungskommission von Bischöfin Fehrs, ihre Beschwerde gegen Bischöfin Fehrs zum wiederholten Male per Einschreiben/Rückschein an Ratspräsidentin Kurschus geschickt hatte.

Diese in sich wohl eher unstabile Situation in der Binnenbeziehung der beiden ranghöchsten Repäsentantinnen der evangelischen Kirche hat sicher beide in ihren Ämtern einiges an Kraft gekostet, hatten sich doch beide sehr stark gemacht für die Aufarbeitung sexueller Missbräuche und für einen transparenten Umgang mit derselben.

Ihre Situation, als Präsidentin und Vize, war für Frau Kurschus und Frau Fehrs aber anscheinend doch irgendwie aushaltbar – wohl auch und gerade vor dem Hintergrund einer gewissen Balance des Geheimhaltens und Schweigens. Diese war möglicherweise dadurch gegeben, dass der gegen Bischöfin Fehrs vorgebrachte Vorwurf ihrer Petentin im Kern dem Vorwurf glich, dessen Öffentlichwerden Frau Kurschus wohl schon vor ihrem Rücktritt gefürchtet hatte. Das Öffentlichwerden dieser Vorwürfe wäre für beide kirchlich Leitenden vermutlich recht unangenehm: Vertuschung des Wissens um die Tatsache, dass gegen einen engen persönlichen Freund ihn bedrohende Missbrauchsvorwürfe im Raum stehen, bei Frau Kurschus wohl eher im Garten.1

In der „Causa Fehrs“ kommt also das gleiche Grundmuster zum Tragen wie in der „Causa Kurschus“. Ratspräsidentin und stellvertretende Ratspräsidentin stehen in Verdacht, die Macht, Kraft und Energie ihres Amtes für einen Loyalitätsakt ihren persönlichen Freunden gegenüber eingesetzt zu haben: Auf Kosten und zu Lasten der Betroffenen, der Petentin und der sich als Opfer benannt habenden Männer, haben sich diese leitenden Kirchenpersonen vermutlich dafür eingesetzt, Bedingungen für ihre Freunde zu schaffen, die es ihnen ermöglichen können, unbehelligt im dunklen Hintergrund der Kirche in Deckung zu bleiben. In der „Causa Fehrs“ handelt es sich bei der des sexuellen Missbrauches verdächtigten Person um einen bekannten, von Bischöfin Fehrs per Festgottesdienst in den Ruhestand verabschiedeten Hamburger Pastor, einem persönlichen Freund der Bischöfin. In der „Causa Kurschus“ ist es ein Kirchenmitarbeiter, den sie „sehr gut“ kennt, vermutlich auch wohl eher auch ein persönlicher Freund.

In die „Causa Fehrs“ kann zumindest schon mal etwas Licht gebracht werden: Für das Buch „Oberstes Gebot Täterschutz. Evangelische Kirche lässt Missbrauchsaufarbeitung scheitern“, das ich zusammen mit der betreffenden Petentin als Dokumentation der „Causa Fehrs“ schreibe, gibt es hier eine umfangreiche Materialsammlung, die seit dem 31.01.2023 in meinem Blog auf ThiesStahl.de öffentlich zugänglich ist. Alle durchweg namentlich genannten Verantwortlichen sind seitdem eingeladen, sie zu kommentieren.

  1. Siehe „Ominöses Treffen im Garten“.